Wissenschaft und Politik

Schnittstelle Wissenschaft // Politik

Wie viel Wissenschaft braucht unsere Politik in der Zukunft? Austausch zwischen der Wissenschaft und Wirtschaft wird von Forschungsorganisationen in Deutschland seit etwa 40 Jahren strategisch gefördert – Austausch mit der Gesellschaft seit etwa 20. Nicht zuletzt die COVID19-Pandemie hat gezeigt, dass es jetzt an der Zeit ist, in den effektiven Austausch zwischen WissenschaftlerInnen und politischen EntscheidungsträgerInnen zu investieren.

Wegweisende Institutionen der wissenschaftlichen Politikberatung in Deutschland erkennen die Relevanz zukunftsgerechter Austauschprozesse und erklären die Weiterentwicklung des Austauschs zwischen Wissenschaft und Politik zur Zukunftspriorität. Die Allianz der Wissenschaftsorganisationen definiert in ihrer Stellungnahme zur Wissenschafts- und Innovationspolitik in der Legislaturperiode 2021–2025 den Austausch zwischen Wissenschaft und Politik zu stärken zu einem priorisierten Handlungsfeld. Um dieser Vision gerecht zu werden fordert sie, den Austausch in „zeitgemäßen Formaten“ neu zu denken. Der Stifterverband der deutschen Wissenschaft e.V. erhob im Rahmen des Hochschul-Barometers 2021, dass 77% der befragten Hochschul-leitungen in Zukunft ein stärkeres Engagement in der wissenschaftlichen Politikberatung anstreben. Aktuell unterstützen jedoch nur knapp über die Hälfte der Hochschulleitungen ihre WissenschaftlerInnen im Austausch mit der Politik.

Unser Ansatz

Wie wir möglichst effektiv und effizient Unterstützung für WissenschaftlerInnen im Austausch mit der Politik aufbauen können erforscht unserer Team in einer mehrteiligen Studie:

In 22 qualitativen Interviews mit besonders im Austausch mit der Politik engagierten WissenschaftlerInnen und FachpolitikerInnen in Deutschland im Bereich Innovation identifizieren wir Verhaltensmuster im gegenseitigen Austausch.
In quantitativen Surveystudien mit über 1.000 WissenschaftlerInnen (1.000xTransfer-Survey) und über 150 parlamentarischen Abgeordneten (150xPolitikberatung-Survey) testen wir unser Verhaltensmodell und erkennen, anhand welcher Einflussfaktoren sich Austausch zwischen Wissenschaft und Politik am besten vorhersagen lässt.
In einer Mappingstudie erfassen wir 316 bestehende Austauschformate und Unterstützungsstrukturen in 13 Clustern für die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Politik.
Ebenso tragen wir in einer Mappingstudie 18 Leitlinien für „gute“, ethisch verantwortliche wissenschaftliche Politikberatung zusammen.

Unsere Ergebnisse

Unsere Ergebnisse aus unserer qualitativen Interviewstudie zeigen, dass WissenschaftlerInnen, die institutionelle Unterstützung in Form von finanziellen Ressourcen, Netzwerken, Weiterbildung und Anerkennung erfahren sich tendenziell intensiver im Austausch mit der Politik engagieren. Unser 1.000xTransfer-Survey bestätigt diese Hypothese: Institutionelle Unterstützung zählt neben gesellschaftsorientierter Motivation, die eigene Forschung zur Lösung gesellschaftlicher Probleme anzuwenden, und Kommunikationsfähigkeit zu den Top 3 stärksten Einflussfaktoren auf das Austauschverhalten von WissenschaftlerInnen mit der Politik.

Unterstützung ist wichtig, da effektive Zusammenarbeit mit der Politik voraussetzungsreich ist – es gilt politische Prozesse und Akteure zu verstehen, zielgruppenorientiert zu kommunizieren und den richtigen Zeitpunkt im politischen Geschehen zu nutzen. Interviewte PolitikerInnen vertraten mehrheitlich die Position, dass wissenschaftliche Informationsquellen oft neben der strategischeren Kommunikation der Wirtschaft, Think Tanks oder NGOs überhört werden. Nichtsdestotrotz ist der Wunsch nach mehr Qualität und Quantität in der Zusammenarbeit mit der Wissenschaft groß.

Unser Beitrag

Wie kann der Aufbau neuer, zukunftsgerechter Unterstützungsangebote für WissenschaftlerInnen im Austausch mit der Politik gelingen? Bei diesem Vorhaben möchten wir Strategieteams deutscher Forschungsorganisationen unterstützen. Mit diesem Ziel entwickeln wir einen interaktiven, web-basierten Beratungskatalog, den Research-to-Action Compass (online verfügbar ab November 2022), mithilfe dessen Strategieteams mögliche Unterstützungsformate vergleichen können. Wir bewerten bestehende Formate evidenzbasiert angelehnt an unsere Forschung anhand der Kriterien Wirkungsgrad, Ressourcenaufwand, Zeitrahmen für die Umsetzung und Innovativität.

Unsere Community

Die Studien aus dieser Projektschiene, vertreten von der studienverantwortlichen wissenschaftlichen Mitarbeitenden Henriette Ruhrmann, wurden auf folgenden akademischen Konferenzen zur Validierung mit der Fachcommunity angenommen:

4S/ESOCITE 2^nd Joint Meeting. Society for Social Studies of Science. Cholula, Mexiko. 7. – 10. Dezember 2022.
Science and Democracy Network Annual Meeting 2022. Harvard University. Cambridge, Massachusetts, USA. 27. – 30. Juli 2022.
EuroScience Open Forum (ESOF) 2022. Leiden, Niederlande. 13. -16. Juli 2022.
European Forum for Studies of Policies for Research and Innovation (Eu-SPRI Forum) Conference 2022. Utrecht University. Utrecht, Niederlande. 1. – 3. Juni 2022.
European Forum for Studies of Policies for Research and Innovation (Eu-SPRI Forum) Early Career Conference 2022. University of Manchester. Manchester, Vereinigtes Königreich. May 9-10, 2022.
International Conference on Science Advice to Governments 2021. Montréal, Canada, August 30-September 2, 2021.